Die Politik setzt auf Bauen mit Holz
Um die Umwelt zu schonen und das Bauen klimafreundlicher machen, wollen die Bauminister der Länder den Einsatz von Holz beim Bauen erleichtern und die Bauordnung entsprechend anpassen. Diesen Beschluss fassten die Politiker im September letzten Jahres zum Abschluss ihrer Herbsttagung in Norderstedt bei Hamburg.
Diesem Ziel schließen sich auch einige Städte und Kommunen an: „Wir müssen CO2 in Gebäuden speichern, statt es in die Luft zu blasen“, erklärt Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer, warum er Bauherren in Tübingen bis 2030 dazu verpflichten will, mit Holz zu bauen. Auf Beton und Stahl soll der Umwelt zuliebe weitgehend verzichtet werden: „Beton ist extrem klimaschädlich, sehr energieintensiv und deshalb müssen alternative Werkstoffe verwenden“, so Palmer. Während ein Kubikmeter Mauerziegel bei der Produktion rund 138 Kilogramm Treibhausgase verbraucht, bindet Holz die klimaschädlichen Treibhausgase aus der Atmosphäre und kann so einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz leisten. Wie aus einer gemeinsamen Studie mit der Ruhr-Universität Bochum und dem Thünen-Institut in Hamburg hervorgeht, könnten bis 2030 insgesamt 42 Millionen Tonnen an klimaschädlichen Treibhausgasen durch den verstärkten Einsatz von Holz als Baustoff eingespart werden. Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) hat besonders das Ausbauen und Aufstocken von Gebäuden als Instrument der Nachverdichtung bestehender städtischer Bebauung im Blick und bringt noch weitere vorteilhafte Aspekte des Bauens mit Holz ins Spiel, nämlich die schnelle und kostensparende Montage auf der Baustelle durch die präzise Vorfertigung der Bauteile in der Halle: „Holz ist bei nachhaltiger Bewirtschaftung nicht nur ein besonders umweltschonender Baustoff , sondern ermöglicht für viele Bauaufgaben auch schnellere und kostengünstige Lösungen“, betont die Senatorin.
Fürs Eigenheim zunehmend beliebt
Als Baustoff erfreut sich Holz seit Jahren zunehmender Beliebtheit bei privaten Bauherren: Laut statistischem Bundesamt war jedes Fünfte der rund 108.000 Wohnhäuser, die 2018 deutschlandweit gebaut wurden, aus Holz. In den vergangenen zehn Jahren hat der Holzhaus-Bau um knapp 50 Prozent zugelegt. Medizinischen Studien zufolge wirkt sich das Wohnen in einem Massivhaus positiv auf die Gesundheit aus, das Naturmaterial mindert Stresssymptome und schaff t ein angenehmes, gesundes Wohnklima. Neben dem massiven Blockbau sind auch Holzrahmen oder -tafelbauten gefragt. Dank der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten des modernen Holzrahmenbaus hält der Holzbau zunehmend Einzug ins urbane Umfeld und wird zum Beispiel im Gewerbe- und Industriebau, öffentlichen Gebäuden wie Museen oder für Sporthallen genutzt.
Hoch hinaus bauen mit Holz.
Es wird auch zunehmend in die Höhe gebaut: Laut Beschluss der Bauminister soll die sogenannte Musterbauordnung dahingehend angepasst werden, dass Holz als Baustoff bis zur „Hochhausgrenze“ von 21 Metern eingesetzt werden kann. Das mit stolzen 34 Metern höchste Holzhaus Deutschlands, gekleidet in eine Aluminiumhülle, war ein Star auf der diesjährigen Bundesgartenschau in Heilbronn. Um den Einsatz von Holz beim Hochbau attraktiver zu machen, wollen die Bauminister der Länder die bestehende Brandschutzbestimmungen lockern. Denn bislang verhindert die so genannte Musterbauordnung beispielsweise den Bau von Holz-Hochhäusern. Schleswig-Holsteins Innenminister Hans-Joachim Grote kündigte an, dass Holz als Baustoff künftig an der Stelle feuerbeständiger Bauteile eingesetzt werden kann, sofern zusätzliche Brandsperren installiert werden und Fluchtwege weiterhin aus nicht brennbaren Materialien bestehen.
Forstwirte haben Bedenken
In der Forstwirtschaft wird der Paradigmenwechsel in der Baupolitik mit Zurückhaltung aufgenommen. Fachleute wie Diplom-Forstwird Lutz Fähser geben zu bedenken, dass der Holzbedarf nicht überproportional zum Wachstum steigen darf. Bislang wird etwas mehr als die Hälfte der rund 120 Millionen Kubikmeter Holz, die in deutschen Wäldern jährlich nachwachsen, geerntet. Fähser mahnt zum Umdenken: „Zurzeit ernten wir in Deutschland die Wälder viel zu intensiv und viel zu früh. Wenn wir langfristige Produkte, Holzbalken und Holzbauweise, in Zukunft haben wollen, dann müssen wir die Wälder dichter und die Bäume dicker und älter werden lassen.“
Quellen: sueddeutsche.de, stuttgarter-zeitung.de, tagesschau.de, ndr.de, schoener-wohnen.de, holzbauwelt.de, proholzbw.de, wohnglück.de