„Das ideale Haus gibt es nicht“ – Ein Gespräch mit Professor Matthias Loebermann
Prof. Dipl.-Ing. Matthias Loebermann ist freier Architekt und war Dekan der Fakultät Architektur und Gebäudeklimatik an der Hochschule Biberach. Newsletter-Autorin Antje Sonnleitner befragte ihn zu sozialen und künstlerisch-planerischen Aspekten zeitgenössischer Architektur.
Herr Prof. Loebermann, Sie gehören zu den innovativsten Architekten Deutschlands und sind bereits mehrfach für Ihre erfindungsreiche Bauweise ausgezeichnet worden. Wie sieht Ihrer Ansicht nach die Architektur der Zukunft aus?
Zukünftige Architektur muss sich mehr denn je um die Bedürfnisse der Menschen kümmern – ohne dabei ihre qualitativen Ansprüche zu verleugnen.
Denken Sie, dass das „Intelligente Haus“ zum Standard werden wird?
Hierbei wäre zu definieren, was ein intelligentes Haus ist, meiner Vorstellung nach sollte es dem Menschen dienen, einfach und nachhaltig gebaut sein. Pure technische Spielereien, wie z.B. zu wissen, ob der Kühlschrank leer ist, sind überflüssig und nutzen uns nichts. Sie verdummen den Menschen in seiner Eigenverantwortlichkeit.
„Das ideale Haus gibt es nicht“, sagen Sie, weil unsere Bedürfnisse sich verändern. Mit ihren Studenten an der Hochschule Biberach haben Sie Raum für alle Bedürfnisse menschlichen Wohnens auf drei mal drei Metern geschaffen. Was wollten Sie damit zeigen?
Die Frage war, mit wie wenig Platz kann man leben und was bedeutet das im Alltag, wir haben die Räume ja auf einer Landesgartenschau in Neu-Ulm real zum Wohnen zur Verfügung gestellt. Das Ergebnis war, dass alle Bewohner grundsätzlich bereit waren, auf individuellen Raum zu verzichten, wenn dafür Platz für Gemeinschaft und Kommunikation gegeben wird. Ein interessantes, wenn auch nicht unbedingt überraschendes Ergebnis dieses Live-Tests.
Sie kritisieren den vielerorts verantwortungslosen und profitorientierten Umgang mit der wertvollen Ressource Grund und Boden und treten für eine nachhaltige Grundstücksentwicklung ein. Was wäre nötig, um die derzeit deutschlandweit fehlenden 800.000 Wohnungen effizient, nachhaltig und gemeinwohlorientiert zu errichten?
Ich glaube, nur mit vielen unterschiedlichen Maßnahmen wie verträgliche Verdichtung, neue Wohnformen, Umnutzung bestehender Brachen etc. kann an dem Problem gearbeitet werden. Alle Beteiligten – Eigentümer, Nutzer, Planer und Gesetzgeber – müssen im Einzelfall vor Ort zielführend zusammen arbeiten, damit sich das Problem langsam verringert.
„Fast alles ist geregelt, genormt oder vorgeschrieben“ – In einem Vortrag kritisierten Sie, dass die undurchdringliche Flut von immer neuen Vorschriften heutige Planungs- und Bauprozesse unnötig kompliziert und signifikant verteuert. Wie kann man dieser Reglementierungswut Einhalt gebieten?
Wie bereits oben erwähnt, wird das nur gelingen, wenn Augenmaß und Angemessenheit die Zielparameter der beteiligten Akteure am Geschehen sind.
Sie legten dar, dass widersprüchliche Verordnungen (z.B. Barrierefreiheit versus Dachdecker DIN Norm) bei immer kürzerer Bauzeit faule Kompromisse und haftungsrechtliche Konsequenzen für den Planer mit sich bringen. Wie wäre dieser Konflikt Ihrer Ansicht nach zu lösen, was müsste der Gesetzgeber tun?
Die Frage lässt sich leider nicht so einfach beantworten, da es hierbei ja um grundsätzliche Konflikte geht und jede Partei auf Ihren Vorgaben, die ja einzeln betrachtet auch verständlich sind, besteht. Die Lösung kann auch hier wiederum nur in einer abwägenden Beurteilung liegen, der alle Beteiligten zustimmen.