Der Makler als Sündenbock

Wie weit geht die Aufklärungspflicht eines Immobilienvermittlers?

„Hätte mir der Makler das sagen müssen?“ – immer wieder gibt es Diskussionen um die Aufklärungs- und Beratungspflicht eines Maklers. Wie weit diese Beratungspflicht reicht und ob sie sich auch auf angrenzende Sachgebiete erstreckt, hängt von den Umständen des jeweiligen Falles ab.

Um steuerrechtliche Fragen ging es bei der Klage der Verkäuferin eines Mehrfamilienhauses mit acht vermieteten Wohnungen. Sie hatte das Anwesen Anfang 2004 erworben, im Mai 2013 beauftragte sie eine Maklerin, einen Käufer für das Objekt zu finden. Es fanden sich zahlreiche Interessenten, sodass das Haus bereits im Juli 2013 für 295.000 Euro mit beträchtlichem Gewinn verkauft werden konnte. Das Problem: zum Zeitpunkt des Verkaufs war die zehnjährige Spekulationsfrist (nach § 23 Abs. 1 EStG) noch nicht abgelaufen. Gemäß § 22 Nr. 2 EStG unterlag der Kaufpreis also der Einkommensteuer. Die Verkäuferin des Wohnhauses musste daher eine Nachzahlung in Höhe von knapp 48.000 Euro an das Finanzamt leisten.

Maklerin auf Schadensersatz verklagt

Dafür machte sie die Immobilienmaklerin verantwortlich. Ihrer Meinung nach hätte diese sie darüber aufklären müssen, dass ein Verkaufsgewinn, der innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb des Anwesens erzielt wurde, einkommensteuerpflichtig ist. Sie verklagte die Maklerin auf Schadensersatz. Doch sowohl das Landgericht Krefeld als auch das Oberlandesgericht Düsseldorf wiesen die Klage ab: Der Makler sei Experte für Bewertung, Veräußerung und Erwerb von Immobilien und für die entsprechende Markteinschätzung, nicht aber für steuerrechtliche Gesichtspunkte der Veräußerung oder des Erwerbs, stellte das Oberlandesgericht klar. Dies würden seine Pflichten unzumutbar weit ausdehnen.

BGH weist die Klage ab

Die Klägerin legte Revision ein und so kam der Fall vor den Bundesgerichtshof. Der BGH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanzen: Da der Beklagten keine Pflichtverletzung anzulasten sei, stehe der Klägerin kein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu. Der Makler sei grundsätzlich nicht verpflichtet, steuerrechtliche Fragen zu prüfen, es sei denn, es besteht eine entsprechende Vereinbarung. Allerdings gibt es auch Ausnahmen: Tritt der Makler in Bezug auf Steuerfragen als Fachmann auf und wirbt zum Beispiel mit seiner Expertise, dann verpflichtet ihn das auch zur steuerrechtlichen Beratung. Und gemäß § 4 Nr. 5 StBerG ist er dazu auch berechtigt. Eine Ausnahme bestünde laut BGH auch dann, wenn der Auftraggeber in Bezug auf vertragsrelevante Umstände erkennbar rechtlicher Belehrung bedürfe oder wenn der Makler seinen Klienten zu einem riskanten Vorgehen veranlasse bzw. ihn zu einem unvorteilhaften und überstürzten Vertragsabschluss verleite. Dies war hier jedoch nicht der Fall.

Kontroverse Meinungen

Grundsätzlich gehen die Meinungen zu der Frage auseinander, ob der Makler über die zehnjährige Spekulationsfrist aufklären muss. Auf der einen Seite wird argumentiert, dass eine solche Beratung gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen könnte, denn eine fachfremde Beratung birgt durchaus Haftungsrisiken. Andererseits ist der Sachverhalt des steuerrechtlichen Spekulationsgeschäfts nicht besonders komplex – und dürfte daher auch dem Veräußerer einer Immobilie bekannt sein. Ein versierter Makler, der erkennt, dass die Haltefrist der Immobilie kurz nach der geplanten Veräußerung abläuft, wird dem Kunden zumindest empfehlen, einen Steuerberater aufzusuchen.

Quellen: gesetze-im-internet.de (Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz), immobilien-zeitung.de, haufe.de

Über den Autor

Harry Mohr

Immobilienmakler (IHK)

Harry Mohr, Autor dieses Artikels

Harry Mohr

Immobilienmakler (IHK)

Harry Mohr ist Immobilienmakler und Inhaber des RE/MAX Immobilien Kontor. Als DEKRA-geprüfter Immobiliengutachter und Mitglied der RE/MAX Hall of Fame unterstützt er seine Kollegen und Mandanten in allen Bereichen der Immobilienvermarktung.